Westfernsehen in der DDR

Das Radioforum. Hier dreht sich alles um die technischen Seiten des Radio- und TV-Empfangs.
Felix II

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Felix II »

Sehr emotional geworden hier das ganze.

Die DDR und das was hier jetzt haben sind nicht miteinander vergleichbar. Die DDR war eine Diktatur, alles wurde von oben her diktiert und vorgegben. Abweichungen null toleriert. Wer aus der Reihe tanzte wurde unterwandert/gemaßregelt/weggesperrt/ausgewiesen. Je nachdem wie es gerade den Maßregendeln passte. Es ist ein Segen der Geschichte das die Leute 1989 gemeinsam den Mut fanden und zu tausenden auf die Straße gingen um den Ganzen ein Ende zu setzen.
DDR: Gut gemeint ist eben noch lange nicht gut gemacht. Das politische System war zum kotzen, einige wenige wurden bevorzugt, alle anderen haben unter dem System gelitten. Mancher hat sich arrangiert, was übersetzt heißt sich damit abzufinden und für sich selbst noch irgendwie das beste daraus zu machen.
Bis 1961 haben dermaßen viele Leute mit den Füßen gegen das System abgestimmt das die Kommunisten die Grenzen endgültig dicht machten und das eigene Volk einsperrten. Wer gnädigerweise mal reisen durfte musste immer einen Pfand zurücklassen (Kinder, Ehemann, Ehefrau...) damit die Leute auch ja wiederkommen.
Wenn man sich in Dokus anschaut welche Massen an Leuten ab Ende '89 (als das wieder möglich wurde) das Land verliessen weil sie einfach die Schnauze voll hatten und keine Perspektive mehr für sich und alles um sich herum sahen - das spricht Bände.

Wenn ich mal von mir ausgehe: Wenn ich die Lebensverhältnisse 1989 mit den heutigen vergleiche geht es mir mit Sicherheit besser als es das gegangen wäre hätte man so weitergemacht. Habs noch gut in Erinnerung wie das damals war, ich selbst war um die 16 Jahre alt.
Schlechte Strassen, kaputte Autobahnen, riunöse Häuser....alles war abgewirtschaftet. Plumpsklo halbe Treppe tiefer, kein Bad in der Wohnung. In welchem Land der Welt muß man anmelden das man ein Auto kaufen möchte und muß dann über 10 Jahre darauf warten ? Auf Telefon konnte man warten bis man schwarz wurde. Und das sind alles nur die Spitzen des Eisbergs. Die unsägliche Umweltverschmutzung wurde auch schon angesprochen. Ganze Ortschaften wurden dem Erdboden gleichgemacht, Bewohner zwangsumgesiedelt. Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen was da für Ungerechtigkeiten stattgefunden haben. Wenn Erwachsene Menschen das System kritisierten wurden denen die Kinder weggenommen, die kamen in Heime - die Eltern in den Stasiknast. Politische Häftlinge....

In der Schule ein Tintenkiller aus dem Westen ? War verboten !
Unterhalb der achten Klasse war uns Schülern das Tragen einer Armbanduhr in der Schule verboten. Wie behämmert ist sowas bitte ?
Meine Schwester (vier Jahre älter) musste diesen ganzen Unsinn noch mitmachen in der zehnten -> vormilitärische Ausbildung, marschieren, Gleichschritt. Blieb mir durch die friedliche Revolution der Menschen und der damit verbunden politischen Änderungen im Alltagsleben glücklichweise erspart.
Passend zum Thread: In der Schule gab es mehrere Fernseher, einer mit Farbbild. Erstes und zweites Programm Ost.

Zurückblickend kann ich folgendes sagen: Habe aus beiden Welten das beste mitgenommen, hatte genau das richtige Alter als sich 89/90 alles änderte. Als Kind hatte man es sicher nicht schlecht, hat man es heute aber auch nicht.

Zum Thema:

Als Kind kannte ich Westfernsehen nur von den Klassenkameraden. Das heißt es muß in unserer Gegend* durchaus empfangbar gewesen sein. Selbst hatte ich keinen Zugang dazu, bzw. kann ich mich nicht erinnern das jemals gesehen zu haben. Zuhause gab es nicht mal das zweite Programm vom Ostfernsehen. Das erste kam vom Umsetzer. Unser (s/w) TV war zuletzt eine Zumutung vom Bild her, man hat kaum noch was erkennen können (Kontrast) und es gab Bildverzerrungen die mit jeder Bildeinstellungen anders aussahen. Die Oma väterlicherseits hat auffem Berg gewohnt und hatte wohl auch eine etwas bessere Antennenanlage. In welche Richtung die Antennen so ausgerichtet waren vermag ich nicht mehr zu sagen. Klar habe ich auch an deren Fernseher am Kanalsteller gedreht und hab geschaut was so reinkommt. Zumal der vom Aufbau her so war das der 'eh nur einen Umschalter zwischen VHF und UHF hatte und keine Programmspeicher. Am TV der Großeltern mütterlicherseits habe ich auch am Kanalwähler gedreht und habe rumgesucht. Der war schon was besseres, Farbe und 6 Programmspeicher. Glaube da hätte ich mich auch nicht erwischen lassen dürfen. Standort Meißen, halb am Berg. Große Antennen auf dem Dach. Nichts empfangen ausser DDR 1 und 2.
Aber im Radio gingen auf UKW SFB, Sender freies Berlin, RIAS Berlin - eine freie Stimme der freien Welt. Kann mich noch sehr gut an die Milkawerbung erinnern die da lief.

Faszinierend fand ich die Tatsache wenn man den Stromstecker vom Verstärker rauszog war der Empfang noch gefühlte ein bis zwei Sekunden gegeben, dann verschwand alles im Rauschen. Steckte man den Stecker wieder rein kam der Empfang sofort wieder. Hab das paarmal hintereinander gemacht, sowas hatten wir zuhause nicht. Dabei hätten die mich auch nicht erwischen dürfen...

Das erste Mal so richtig mit Westfernsehen kam ich in Berührung bei meinem Onkel in Mahlow. Das ist quasi in Spuckweite zu Berlin, eine SBahnstation weiter liegt Lichtenrade. Damals noch nicht, da war es noch Westberlin und es fuhr auch keine SBahn und es lagen auch keine Gleise. Ein roter Schienenbus fuhr in die entgegengesetzte Richtung gen Blankenfelde.
Jedenfalls im TV des Onkels gab es ALLES ! --> RTL, SAT 1, ARD, ZDF, gaaaanz hinten auf dem letzten Programmplatz war erst das Ostfernsehen eigestellt. Das war für mich wie in dem Film "Sonnenallee" wo der eine sagt "gugge mal, Westfernsehen...."

*in unserer Gegend bedeutet: tiefstes Sachsen, Gegend zwischen Meißen und Nossen.

Nachtrag: Überreichweiten wurden auch schon angesprochen: Meine Eltern haben mir erzählt das es mal einen Sommer sehr extreme Überreichweiten gegeben haben muß. Sie erzählten mir von einer Übertragung eines Stierkampfes - sowas hatten sie noch nie zuvor gesehen. Irgendwann 1970 plus/minus 5 Jahre.
Jens1978

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Jens1978 »

Hegi meint wohl das/die hier, ging ja oft genug in den letzten Tagen durch die Medien Link.
Allerdings mir gefällt dieses "die DDR war so toll" ebenfalls absolut nicht. Denn es gab genug schlechtes. Beispiele? Wohnen war billig, ja. Aber in welche Wohnung man mit seiner Familie zieht konnte man nicht selbst entscheiden. Man bekam eine Wohnung zugewiesen. Das heißt, es musste ein Antrag bei der Stadt gestellt und auch begründet werden warum, wieso und weshalb man eine andere oder größere Wohnung und vor allem auch bessere braucht. Ansonsten konnte man noch über Zeitungsanzeigen auch mit anderen Leuten Wohnungen tauschen oder auch über Betriebe und somit dem Arbeitsplatz an Wohnungen kommen. Alles ganz toll. Nur so lässt es sich auch erklären, warum in so vielen Bruchbuden, denn nichts anderes war der, vor allem zum Ende der DDR, Hauptbestand der existierenden Wohnungen, auch tatsächlich Leute lebten. Ich selbst kenne aus meinen ersten Kindheitstagen auch noch den Zustand mit der Toilette auf einer Zwischenetage außerhalb der Wohnung, bevor wir endlich in einen Neubau nach L-Grünau ziehen konnten. Auch die Arbeitswahl war nicht einfach mal bewerben, dann gehen und fertig. Nein, die Betriebe haben sich untereinander unterhalten ob denn die "sozialistische Produktionskraft" auch wirklich in einen anderen Betrieb gehen kann ohne das Planziel des abgebenden Betriebes nicht zu verfehlen. Alles ziemlich schräg nach heutigen Gesichtspunkten. Und wieviel Prozent wurden denn tatsächlich vom System gegängelt und genötigt sich irgendwie zu verhalten? Das war doch eine weitaus höhere Zahl als 5-10% die hier irgendwie genannt wurde. Nicht umsonst ist die DDR nicht mehr existent. Meine Familie war, und ist es noch heute, jedenfalls ziemlich froh, als wir ein paar Jahre vor Maueröffnung endlich aus diesem "Freiluftgefängnis" raus konnten.
Und wenn manche Leute auf "Eliteschulen" gingen, dann hatte das auch seine Gründe. Normale Leute kamen da definitiv nicht hin. Und mit definitiv, meine ich definitiv. Ist ja auch in gewisserweise verständlich, denn warum sollte ein System Leute ausbilden, die nicht 100% linienkonform sind oder von entsprechender Stelle darauf hingewiesen werden, dass sie es sind? Und wie die entsprechenden Personen noch heute über das System sprechen zeigt mir, dass die Auswahl damals anscheinend berechtigt gewesen ist.
Beide Seiten hatten bereits damals Vor- und Nachteile. Aber das Rad hat sich vor allem in den letzten 20 Jahren massiv weitergedreht. Den heutigen Zustand mit einem Teilzustand, und dann auch noch geschönt, von vor 30 Jahren zu vergleichen ... Was soll man dazu noch sagen. Habakukk hat es genau richtig auf den Punkt getroffen: Der heutige Systemzustand ist nicht mehr der, der es vor 30 Jahren war, das Pendel ist extrem zu einer Seite ausgeschlagen. Das dass ganze, meiner Meinung nach, zu einem ähnlichem Ergebnis wie dem des ehemaligen Ostblocks führen wird, fast schon muss, ist meiner Meinung nach auch logisch. Denn warum ging denn der Ostblock den Bach runter? Weil sich die Elite eben nicht mehr ums Volk gekümmert hat, auch nicht die Leute von den Eliteschulen, so hart das auch für den ein oder anderen Leser jetzt klingen mag. Der Großteil der "Elite" lebte in seiner Blase und wollte dann nichts mehr von den Schlechteregstellten wissen und wenn einer den Mund aufgemacht hat, mit an sich possitiven Zielen, dann war er schnell geächtet. Das wiederum, ja, das ist heute tatsächlich ähnlich, aber eben nur "ähnlich" und bei weitem nicht gleich, denn in der DDR saßen mehrere in Gefängnissen nur weil sie die falschen Ansichten hatten. Sowas kann und will ich mir nicht schönreden. Punkt.

Aber um mal wieder etwas Topic zu werden:
Was ich mich immer wieder gefragt hatte war, warum im nahezu ganzen Ostblock die OIRT-Normen eingeführt wurden aber lediglich in der DDR und meines Wissens nach auch in Jugoslawien die eher westeuropäischen CCIR Normen. Wenn die DDR tatsächlich massiv den Empfang westlicher Sender auf den VHF- und UHF-Bändern hätte wirksam unterbinden wollen, dann hätten sie darauf drängen können sowohl im Radiobereich den OIRT Bereich, also damit dann gar kein Empfang von "West"sendern und im TV Bereich dann, wenn überhaupt, nur mit Bild, das auch nur in S/W, aber vor allem ohne Ton zu ermöglichen. Das hat man aber nicht gemacht. Warum eigentlich nicht? Warum waren außer der Farbnorm die Sendesysteme in West- und Ostdeutschland schon immer gleich? Mit einer alten Zugehörigkeit des deutschen Reiches zu einem Systemverbund kann es meiner Meinung nach kaum gelegen haben, denn die ITU Region 1 schließt ja bereits schon immer weite Teile der ehemaligen West- und Ostblöcke ein.
Chris_BLN

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chris_BLN »

Chief Wiggum hat geschrieben: Scientology?
Ich musste auch rätseln. Meine Vermutung (ohne die Zahlen genau zu kennen, Wikipedia deutet auf etwa diese Größenordnung): Islam. Und dann kommt mir schon die Frage, wie man auf so etwas kommt, wenn man an dieser Stelle nicht selbst ein wie-auch-immer-geartetes Problem hat. Das ist in diesem Kontext nämlich oberschräg.

Ich hatte das Glück, in den vergangenen 6 Jahren Menschen aus über 50 Nationen kennenlernen zu können, die waren fast alle im normalen Umgang hochgradig anständige, angenehme Leute und die Religion, der sie eventuell angehören, ist dabei völlig unerheblich. Ich hatte inzwischen etliche male Christen, Juden, Muslime, Buddhisten und Atheisten zur gleichen Zeit am gleichen Ort erlebt und kann nur sagen: das funktioniert hervorragend, man kann gemeinsam arbeiten, leben und auch feiern. Man muss nur das Leben an sich achten und dann ist ohnehin alles eins und miteinander verbunden.

Ich habe übrigens ein "ev." in den Steuerunterlagen stehen und belasse es auch dabei, obwohl ich natürlich auch einer von denen bin, die das nicht selbst entscheiden konnten: getauft im Alter von 6 Monaten.

Soviel dazu.

Ansonsten noch @hegi_ms: meine geschilderten Erfahrungen im zwischenmenschlichen Bereich beruhen auf dem, was ich letztlich mein gesamtes bisheriges Leben über erlebt habe. Und "bewusst" bin ich vielleicht seit etwa 40 Jahren dabei. Ich hatte kürzlich ein interessantes Gespräch mit einem Notfallmediziner, der mir das bestätigte: eine weitgehend kaputte, psychotische Gesellschaft. Und vor allem jüngere Leute oft psychosozial völlig kaputt.

Ansonsten arbeitet der "wehleidige Ossi" seit mehr als 5 Jahren, wenn er denn für Extern arbeitet, nur noch für Essen und Zeltplatz, weil er Projekte unterstützt, die er ethisch für unterstützenswert hält. Lebensunterhalt und Krankenversicherung zahlt er aus eigener Tasche vom Ersparten aus vorheriger bezahlter (und damals dennoch ethisch anständiger) Tätigkeit. Das geht zwar nicht ewig (-> Plan B muss her), aber niemandem auf der Tasche zu liegen, ist ein gutes Gefühl. Seit mehr als einem Jahr ist er aber weitgehend durchgängig mit der Pflege seines schwerkranken, inzwischen todkranken Vaters beschäftigt. Da käme man mit Wehleidigkeit nicht wirklich weiter.

Und meine Ablehnung von etwas, das Du offenbar "westliche Werte" nennst, beruht darauf, dass ich Naturwissenschaftler bin und weiß, dass Naturgesetze uneingeschränkt zu achten sind. Naturwissenschaftler zu sein genügt dafür alleine offenbar nicht (sonst müsste eine gewisse A. Merkel für eine völlig andere Politik stehen, als sie real steht), da kommt also offenbar noch ein gewisses "Bewussteins-Erlangen" hinzu. Auch ich war als junger Mensch mir dessen nicht bewusst, aber so, wie wir leben, ruinieren wir uns in allernächster Zukunft den Lebensort: diesen Planeten.

Und nun on-topic: ich versuche nochmal den einen Nachbarn meiner Eltern zu bitten, Fotos der Antennenanlage rauszusuchen, die sein Vater einst auf dem Dach des Einfamilienhauses errichtet hatte. Die krasseste Anlage, die ich je zu sehen bekam. Aller Aufwand half nichts: die 4er-Gruppe, die dann später ca. 100 m höher auf der Antennengemeinschaft errichtet wurde, brachte schlagartig bessere Ergebnisse. Damit fiel die Individual-Anlage bereits Mitte der 80er Jahre, deshalb habe ich keine eigenen Fotos davon.

Bis dahin erstmal noch 2 Fotos aus einem MDR-Bericht von 1992 aus der Sommerbadstraße in Gera:

[attachment 10774 GeraSommerbadstrasse1992-1.jpg]
[attachment 10775 GeraSommerbadstrasse1992-2.jpg]
Die Straße ist an dieser Stelle nach Süd - leicht Südost ausgerichtet: https://goo.gl/maps/vWUFWNBR5Wy - ein Großteil der Antennen geht hier Richtung Ochsenkopf, UKW könnte eine 7-Element zum Hohen Meißner gehen, wovon ich mir aber keinen Erfolg verspreche (Tallage). Nach Norden (Wiederau) zeigt hier offenbar gar nichts (dabei wäre das problemlos gegangen, zumindest auf UKW), auch Geyer ist offenbar nicht dabei. Klare Faktenlage: Ochsenkopf und Waldstein, ARD, ZDF BR und RIAS waren die Richtungen.
Felix II

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Felix II »

in der DDR ... die eher westeuropäischen CCIR Norm
Das kann nur eine politische Entscheidung gewesen sein mit dem Hintergrund dass man in Westdeutschland möglichst barrierefrei empfangen und gesehen werden kann.
102.1

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von 102.1 »

hegi_ms hat geschrieben: @Chris_BLN:

Wenn auch einiges an deiner Kritik berechtigt sein mag, so hast du es doch geschafft, das Klischee vom "wehleidigen Ossi" zu bedienen.

Du schreibst: ich war nie gut genug ... um zu mehr zu taugen als ... "Psycho-Mülleimer" ; und nun benutzt du diesen vollends aus den Fugen geratenen Thread dazu.

Ich finde es nicht gut, persönliche Dinge öffentlich auszubreiten, vor allem nicht im vermeintlich anonymen Internet. Hier erntet man eher Spott als Hilfe.

Du charakterisiert dich als Gemeinschaftsmensch ohne Gemeinschaft. Das birgt die Gefahr, Opfer neuer "Gemeinschaften" mit abwegigen Heilslehren zu werden.

Bei deinen pauschalen Ansichten über Frauen, die ich nicht kommentieren möchte, und der Ablehnung "westlicher Werte" bietet sich eine "Gemeinschaft" an, die ja zu Deutschland gehört und mittlerweile 4 Millionen Anhänger hat.
Wiedermal OT, aber das sollte vielleicht noch gesagt werden:

Der Begriff "Psycho Muelleimer" kam ja auch im Zusammenhang mit Beziehungen oder Singleleben.

Die Darstellungen von Wolfang R kann ich leider auch teilen. Bisher habe ich in jeder Abteilung in der ich in Deutschland gearbeitet hatte das Thema Scheidung und Unterhalt von Kollegen mitbekommen. Der Anteil ist aehnlich 50% zu 50%, oft aber eher tendierend zu 40% zu 60%, zu ungunsten der Ehe. Seither wusste ich auch was die "Duesseldorfer Liste" sei, ohne jemals davon betroffen gewesen zu sein.....

Spezifisch fuer Deutschland ist, dass es in solchen Streiterein und Scheidungen kein "sich abfinden" gibt, - man streitet einfach unerbittlich weiter.

Ich bin bisher froh, dass mir dieser Aerger erspart geblieben ist.
Chris_BLN

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chris_BLN »

So leicht kommen wir vom off-topic wohl leider doch nicht weg. Ich überlasse als jemand, der bis zum Ende die DR mitgemacht hat, niemand anderem die Deutungshoheit.
Jens1978 hat geschrieben:Aber in welche Wohnung man mit seiner Familie zieht konnte man nicht selbst entscheiden. Man bekam eine Wohnung zugewiesen. Das heißt, es musste ein Antrag bei der Stadt gestellt und auch begründet werden warum, wieso und weshalb man eine andere oder größere Wohnung und vor allem auch bessere braucht.
Ich habe in meinem letzten Job am letzten Ort 5 Jahre wie folgt gehaust: zuerst der Reihe nach in 4 völlig verrotzten befristeten Zimmern in psychotischen Studenten-WGs, danach 3 oder 4 Monate in Geschäftsräumen eines Freundes (22 Uhr rein, früh wieder raus, Privatkram in 2 Umzugskartons im Serverraum auf Arbeit). Dann 4 Jahre in einem Zimmer (Tisch, Schrank, Bett) in einem Apartmenthaus am Rande der Stadt, das zu ca. 50% mit Studenten belegt war, die kein WG-Zimmer in der Stadt gefunden hatten und zu den anderen knapp 50% mit Alkoholikern, Asozialen, Gescheiterten. Wir hatten fast wöchentlich die Polizei auf dem Flur (ich hörte dann nachts ja das Geschrei und Gekeife). Ich habe 5 Jahre nur an den Wochenenden einen akzeptablen Lebensraum gehabt.

Ursprünglich hatte ich beabsichtigt, mir in der Stadt eine Wohnung zu suchen und komplett dorthin zu ziehen. Da wurde nichts draus, denn was ich via Makler oder Anzeigen oder auch Kontakte anderer Art zu sehen bekam, waren Kellerwohnungen im Hinterhof, Wohnungen in halb baufälligen Häusern an Bundesstraßen, Wohnungen mit Schimmelbefall oder ähnliches.

Und das war 2007 - 2012!

Wir haben damals mehrere hervorragende Fach- und Führungskräfte verloren, weil sich niemand, der gewohnt ist, mehrstellige Millionenbudgets zu verantworten und dutzende bis im vorherigen Job hunderte Mitarbeiter zu führen, dauerhaft mit solchen Zuständen abfindet und seine Familie nur am Wochenende sieht. Die besten Leute sind nach kürzester Zeit wieder gegangen.
Jens1978 hat geschrieben:Das heißt, es musste ein Antrag bei der Stadt gestellt und auch begründet werden warum, wieso und weshalb man eine andere oder größere Wohnung und vor allem auch bessere braucht.
...und ich wurde u.a. von einem Makler gefragt, was ich hier eigentlich wolle, ich solle doch gefälligst wieder in der Stadt arbeiten, in der ich eine Wohnung habe. Geschehen im Jahre 2008. Und bei der "kommunalen" Wohnungsverwaltung gibt man - das ist in dieser Stadt ganz offen so Gesprächsthema gewesen - seine Grundrechte an der Tür ab. Bei einer kleineren Genossenschaft gibt es offenbar Blockwarte, die nachts herumschleichen und durch die Fenster in die Wohnungen schauen (zumindest so mehrfach geschehen bei Bekannten von mir). Und als die Legionellen-Verordnung in Kraft trat, kam diese Stadt in die Medien, weil es zahlreiche Fälle von hoher Kontamination im Warmwasser-Netz der Häuser gab. Klar: wenn auch nach minutenlangem Ablaufenlassen von Warmwasser nur 35 Grad rauskommen, wundert das nicht. Geschehen 2012-2014.

Die Mieten sind dafür an der Obergrenze bzw. über dem, was normale Menschen (keine akademischen Doppelverdiener) zahlen können.
Jens1978 hat geschrieben:Nur so lässt es sich auch erklären, warum in so vielen Bruchbuden, denn nichts anderes war der, vor allem zum Ende der DDR, Hauptbestand der existierenden Wohnungen, auch tatsächlich Leute lebten.
Stünde da nicht "DDR", hätte ich glattweg denken können, Du schreibst über die Zustände, die ich 2007-2008 in einer der besten Städte Ostdeutschlands erlebt habe. Bruchbuden, vergammelt, verschimmelt, dunkel, versifft. Why? Because they can. Der "Markt" treibt ihnen die Leute auch in diese Buden. Ist ja nichts anderes da.
Jens1978 hat geschrieben:Ich selbst kenne aus meinen ersten Kindheitstagen auch noch den Zustand mit der Toilette auf einer Zwischenetage außerhalb der Wohnung
Mir war 2008 (!) von einem Makler (!) eine "Wohnung" angeboten worden, bei der ich zur Toilette mit einem Aufzug (!) in eine andere Etage hätte fahren müssen.
Jens1978 hat geschrieben: Nein, die Betriebe haben sich untereinander unterhalten ob denn die "sozialistische Produktionskraft" auch wirklich in einen anderen Betrieb gehen kann ohne das Planziel des abgebenden Betriebes nicht zu verfehlen.
Die Zustände, die ich nach 2012 im Bereich Personalwesen erlebt habe, sind auch nicht wesentlich erfreulicher. Da ich nicht lügen kann und sage, was ich empfinde, hätte ich dank ständigen "Personaler-Karussels" innerhalb der Stadt meines letzten bezahlten Jobs in etlichen Firmen keine Chance. Aber ich würde dort auch gar nicht mehr arbeiten wollen aufgrund des Arbeitsinhaltes, und damit ist mir das wurscht.
Jens1978 hat geschrieben:Und wieviel Prozent wurden denn tatsächlich vom System gegängelt und genötigt sich irgendwie zu verhalten? Das war doch eine weitaus höhere Zahl als 5-10% die hier irgendwie genannt wurde.
Dazu hätte ich auch gerne mal eine verlässliche Zahl. Nur: wo zieht man die Grenze? Wenn ich mir anschaue, wie dort, wo ich später arbeitete, die teils fähigsten Leute gegängelt und gedemütigt wurden, bis sie von selbst gegangen sind, muss man die Grenze wohl sehr restriktiv fassen, wenn man nicht Dinge mitzählen will, die in ähnlicher Intensität heute auch üblich sind. Dazu gehört auch Behinderung bei der Lebensgestaltung durch z.B. nicht-Ermöglichen höherer Bildungsabschlüsse. Das gibt es heute auch massiv, die Studien dazu sind bekannt, gerade in Deutschland ist es für Heranwachsende sehr schwer, das Milieu ihres Elternhauses zu verlassen. Natürlich ist das alles viel "wohlfeiler" gestrickt, es gibt nämlich niemanden, der es einem auf direktem Wege verbietet. Aber das System als ganzes ist so ausgelegt, dass die unteren Schichten kaum je eine Chance zum "Aufsteigen" haben. Und das hatte die DDR in dieser Form nicht (die verweigerte das Aufsteigen aus dumpfer politischer Borniertheit heraus auf direktem Wege). Ist eines von beiden nun "besser"?

Die Frage sei gestattet: ab welchem Grad der "Gängelung" würden wir heute Menschen aus anderen Ländern Asyl gewähren? Das sähe sehr bitter aus für Ostdeutsche...
Jens1978 hat geschrieben:Und wenn manche Leute auf "Eliteschulen" gingen, dann hatte das auch seine Gründe. Normale Leute kamen da definitiv nicht hin.
Käse. Der Grund für die mathe-naturwissenschafts-Schulen lag darin, dass man DDR-weit in den normalen Schulen scannte, wer die besten in diesen Fächern sind. Man hatte ja auch Stadt-, Kreis-, Bezirks- und DDR-Olympiaden für Mathe, Physik und wohl auch Chemie. Bei Mathe versagte ich immer schon im Stadtausscheid. Bei Physik fiel ich damals halt positiver auf. Es gab ein Fördersystem, die Schüler wurden dann in der 8. Klasse in den Ferien (!) zu entsprechenden Kursen eingeladen. Es gab Aufnahmeklausuren (unsere war vor ziemlich genau 30 Jahren) und dann sind halt 54 Schüler dorthin gekommen.

Die Eltern meiner Mitschüler waren u.a. Baggerfahrer und Büroangestellte eines Industriebetriebes, Laborantin im Klinikum, Grundschullehrerin, Mathe-Professorin und Mathe-Doktor, alleinerziehende Mutter (als Hilfskraft in einer Spülküche arbeitend) mit etlichen Kindern, Polizist, Feinmechaniker in einem Industriebetrieb, freischaffender Künstler / Künstlerin (!!!), ... - also ein bunter Mix völlig "normaler" Leute. Wer das nicht wahrhaben will, will die Realität nicht anerkennen. Von einem Mitschüler bleibt mir die Erinnerung der Anekdote, dass sie in einem abrissreifen Haus wohnten und seine West-Coladosen-Sammlung, die er auf einem Regalbrett an der Wand aufgestellt hatte, wegen Rausreißens der Schrauben/Dübel aus der Lehmwand mit lautem Geschepper heruntergestürzt war. Ein anderer Mitschüler zog damals aus einem Vorort seiner Heimatstadt (ebenfalls abrissreifes Haus) in die Innenstadt in einen "Neubau" (60er Jahre). Dort hatte er mit seiner mehrere Jahre älteren Schwester ein gemeinsames Zimmer von geschätzt 9 qm Größe. Das war der ganz normale Alltag, da war nix für "besonderen Personenkreis". Das war ein sozialer Querschnitt durch das "Volk" an unserer Schule. Nur mit dem Unterschied, dass es halt die Naturwissenschafts-Freaks waren.

Sorry, aber die Märchen, die Du Dir da zurechtgelegt hast, entbehren beweisbar jeder Grundlage. Das sind die Märchen, die man sich dort erzählt, wo man ein Land schlechter machen muss, als es tatsächlich war (als ob das reale Üble der DDR nicht schon ausreichen würde), um sich sein Unbehagen mit diesem Land rechtfertigen zu können.
Chris_BLN

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chris_BLN »

Jens1978 hat geschrieben:Was ich mich immer wieder gefragt hatte war, warum im nahezu ganzen Ostblock die OIRT-Normen eingeführt wurden aber lediglich in der DDR und meines Wissens nach auch in Jugoslawien die eher westeuropäischen CCIR Normen. Wenn die DDR tatsächlich massiv den Empfang westlicher Sender auf den VHF- und UHF-Bändern hätte wirksam unterbinden wollen, dann hätten sie darauf drängen können sowohl im Radiobereich den OIRT Bereich, also damit dann gar kein Empfang von "West"sendern und im TV Bereich dann, wenn überhaupt, nur mit Bild, das auch nur in S/W, aber vor allem ohne Ton zu ermöglichen. Das hat man aber nicht gemacht. Warum eigentlich nicht?
Dazu hätte ich auch gerne mal eine Antwort. Ich kanns mir nur so vorstellen: sowohl UKW als auch TV starteten ja lange vor dem Mauerbau. Es gab eine Zeit, in der man sich in der DDR noch ein wiedervereinigtes Deutschland wünschte, natürlich eines nach Vorbild der DDR. Möglicherweise hatte es damit zu tun - und das einzige, was man später noch inkompatibel machen konnte, war die Farbnorm.

Ich versuche mal jemanden zu fragen, der jahrzehntelang an den Entwicklungen beteiligt war.

Nachtrag: Ausgrabung von vor 15 Jahren
http://radioforum.foren.mysnip.de/profi ... d_id=89281
Kay B hat geschrieben: So, bin wieder fündig geworden:

Walter Bruch:

"(...)

Von den vielen (PAL-Demonstrations-) Reisen war uns die nach Ost-Berlin besonders wichtig, hofften wir doch, mit der DDR zu einem einheitlichen Farbfernsehsystem für West- und Ostdeutschland zu kommen. Schon einmal hatten wir diesbezüglich in den 50er Jahren Erfolg gehabt. Zur gleichen Zeit hatten wir mit dem Schwarz-Weiß-Fernsehen angefangen, beide mit 625 Zeilen. Doch die DDR hatte sich dem Ostblock angeschlossen, der mehr Kanalbreite für die Sender zur Verfügung stellte, als wir im Westen nutzten konnten. Wir konnten mit unseren Westempfängern zwar das Ostbild empfangen, hörten aber nicht den zugehörigen Ton - es sei denn, wir hatten einen speziellen Zweinormenempfänger. Genauso war es im Osten; sie sahen unser Bild, hatten aber keinen Ton.

Man höre! Ein Wunder! Damals gab es noch einen gemeinsamen Fachnormenausschuß Elektrotechnik mit einer Fachgruppe Rundfunk und Fernsehen. Sie wurde geleitet von Prof. Dr. Firedrich Kirschstein. Experten auf der Ostseite waren Prof. Dr. Frühauf von der Technischen Hochschule Dresden und Dr. Neidhard vom Oberspreewerk, die Westseite bestand aus Dr. Johannes Müller vom Fernmeldetechnischen Zentralamt in Darmstadt und mir. Und, was man heute nicht mehr für möglich hält: Wir einigten uns auf eine gemeinsame Schwarz-Weiß-Norm für West und Ost. Obwohl schon um die 100 000 Empfänger im Osten ausgeliefert waren, die umgetrimmt werden mußten, übernahm die DDR die in Westeuropa - außer Frankreich - eingeführte Norm. Und das abweichend von den anderen in der OIRT zusammengeschlossenen Ostländern. Für so wichtig sah man den Empfang ostdeutscher Sendungen im Westen an.
Ein Wunder! Von in internationaler Bedeutung relativ kleinen Ingenieuren bewirkt. Noch einmal konnte sich eine solche "Gesamtdeutsche Vereinheitlichung" nicht mehr durchsetzten, nachdem die Politiker die Dinge in die Hand genommen hatten. Obwohl unsere Demonstrationen so erfolgreich gewesen waren, daß die Ostdeutschen in Moskau sich für PAL eingesetzt hatten, mußten sie sich Jahre später aus politischen Gründen der Sowjetunion anschließen und SECAM nehmen.

(...)" (Hervorhebungen im Nachhinein hinzugefügt.)


Dr. HC Walter Bruch und Heide Riedel: PAL - Das Farbfernsehen, Deutsches Rundfunk-Museum e.V. Berlin, August 1987; S. 75
mittendrin

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von mittendrin »

Chris_BLN hat geschrieben:
Jens1978 hat geschrieben:Was ich mich immer wieder gefragt hatte war, warum im nahezu ganzen Ostblock die OIRT-Normen eingeführt wurden aber lediglich in der DDR und meines Wissens nach auch in Jugoslawien die eher westeuropäischen CCIR Normen. Wenn die DDR tatsächlich massiv den Empfang westlicher Sender auf den VHF- und UHF-Bändern hätte wirksam unterbinden wollen, dann hätten sie darauf drängen können sowohl im Radiobereich den OIRT Bereich, also damit dann gar kein Empfang von "West"sendern und im TV Bereich dann, wenn überhaupt, nur mit Bild, das auch nur in S/W, aber vor allem ohne Ton zu ermöglichen. Das hat man aber nicht gemacht. Warum eigentlich nicht?
Dazu hätte ich auch gerne mal eine Antwort.
Interessantes dazu auch noch hier:
http://www.scheida.at/scheida/Televisio ... 0der%20DDR:
Ende 1950/1960 - Um dem "Klassenfeind" in der BRD dennoch nun auch noch den (Ton-)Empfang der DDR Programme zu ermöglichen, wurden in den späten 1950er Jahren bis Anfang der 1960er Jahre die Sender von der OIRT Norm auf CCIR umgestellt.
Welcher Größenwahn!
Ich kannte als Fernsehender seit Anfang 1960 nur die CCIR-Kanäle [size=x-large]10[/size] und 6 oder 9.
102.1

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von 102.1 »

Jens1978 hat geschrieben:
Allerdings mir gefällt dieses "die DDR war so toll" ebenfalls absolut nicht. Denn es gab genug schlechtes. Beispiele? Wohnen war billig, ja. Aber in welche Wohnung man mit seiner Familie zieht konnte man nicht selbst entscheiden. Man bekam eine Wohnung zugewiesen. Das heißt, es musste ein Antrag bei der Stadt gestellt und auch begründet werden warum, wieso und weshalb man eine andere oder größere Wohnung und vor allem auch bessere braucht. Ansonsten konnte man noch über Zeitungsanzeigen auch mit anderen Leuten Wohnungen tauschen oder auch über Betriebe und somit dem Arbeitsplatz an Wohnungen kommen. Alles ganz toll. Nur so lässt es sich auch erklären, warum in so vielen Bruchbuden, denn nichts anderes war der, vor allem zum Ende der DDR, Hauptbestand der existierenden Wohnungen, auch tatsächlich Leute lebten. Ich selbst kenne aus meinen ersten Kindheitstagen auch noch den Zustand mit der Toilette auf einer Zwischenetage außerhalb der Wohnung, bevor wir endlich in einen Neubau nach L-Grünau ziehen konnten. Auch die Arbeitswahl war nicht einfach mal bewerben, dann gehen und fertig. Nein, die Betriebe haben sich untereinander unterhalten ob denn die "sozialistische Produktionskraft" auch wirklich in einen anderen Betrieb gehen kann ohne das Planziel des abgebenden Betriebes nicht zu verfehlen. Alles ziemlich schräg nach heutigen Gesichtspunkten. Und wieviel Prozent wurden denn tatsächlich vom System gegängelt und genötigt sich irgendwie zu verhalten? Das war doch eine weitaus höhere Zahl als 5-10% die hier irgendwie genannt wurde. Nicht umsonst ist die DDR nicht mehr existent. Meine Familie war, und ist es noch heute, jedenfalls ziemlich froh, als wir ein paar Jahre vor Maueröffnung endlich aus diesem "Freiluftgefängnis" raus konnten.
Und wenn manche Leute auf "Eliteschulen" gingen, dann hatte das auch seine Gründe. Normale Leute kamen da definitiv nicht hin. Und mit definitiv, meine ich definitiv. Ist ja auch in gewisserweise verständlich, denn warum sollte ein System Leute ausbilden, die nicht 100% linienkonform sind oder von entsprechender Stelle darauf hingewiesen werden, dass sie es sind? Und wie die entsprechenden Personen noch heute über das System sprechen zeigt mir, dass die Auswahl damals anscheinend berechtigt gewesen ist.
Beide Seiten hatten bereits damals Vor- und Nachteile. Aber das Rad hat sich vor allem in den letzten 20 Jahren massiv weitergedreht. Den heutigen Zustand mit einem Teilzustand, und dann auch noch geschönt, von vor 30 Jahren zu vergleichen ... Was soll man dazu noch sagen. Habakukk hat es genau richtig auf den Punkt getroffen: Der heutige Systemzustand ist nicht mehr der, der es vor 30 Jahren war, das Pendel ist extrem zu einer Seite ausgeschlagen. Das dass ganze, meiner Meinung nach, zu einem ähnlichem Ergebnis wie dem des ehemaligen Ostblocks führen wird, fast schon muss, ist meiner Meinung nach auch logisch. Denn warum ging denn der Ostblock den Bach runter? Weil sich die Elite eben nicht mehr ums Volk gekümmert hat, auch nicht die Leute von den Eliteschulen, so hart das auch für den ein oder anderen Leser jetzt klingen mag. Der Großteil der "Elite" lebte in seiner Blase und wollte dann nichts mehr von den Schlechteregstellten wissen und wenn einer den Mund aufgemacht hat, mit an sich possitiven Zielen, dann war er schnell geächtet. Das wiederum, ja, das ist heute tatsächlich ähnlich, aber eben nur "ähnlich" und bei weitem nicht gleich, denn in der DDR saßen mehrere in Gefängnissen nur weil sie die falschen Ansichten hatten. Sowas kann und will ich mir nicht schönreden. Punkt.
und
Felix II hat geschrieben:
Die DDR und das was hier jetzt haben sind nicht miteinander vergleichbar. Die DDR war eine Diktatur, alles wurde von oben her diktiert und vorgegben. Abweichungen null toleriert. Wer aus der Reihe tanzte wurde unterwandert/gemaßregelt/weggesperrt/ausgewiesen. Je nachdem wie es gerade den Maßregendeln passte. Es ist ein Segen der Geschichte das die Leute 1989 gemeinsam den Mut fanden und zu tausenden auf die Straße gingen um den Ganzen ein Ende zu setzen.
DDR: Gut gemeint ist eben noch lange nicht gut gemacht. Das politische System war zum kotzen, einige wenige wurden bevorzugt, alle anderen haben unter dem System gelitten. Mancher hat sich arrangiert, was übersetzt heißt sich damit abzufinden und für sich selbst noch irgendwie das beste daraus zu machen.
Bis 1961 haben dermaßen viele Leute mit den Füßen gegen das System abgestimmt das die Kommunisten die Grenzen endgültig dicht machten und das eigene Volk einsperrten. Wer gnädigerweise mal reisen durfte musste immer einen Pfand zurücklassen (Kinder, Ehemann, Ehefrau...) damit die Leute auch ja wiederkommen.
Wenn man sich in Dokus anschaut welche Massen an Leuten ab Ende '89 (als das wieder möglich wurde) das Land verliessen weil sie einfach die Schnauze voll hatten und keine Perspektive mehr für sich und alles um sich herum sahen - das spricht Bände.

Wenn ich mal von mir ausgehe: Wenn ich die Lebensverhältnisse 1989 mit den heutigen vergleiche geht es mir mit Sicherheit besser als es das gegangen wäre hätte man so weitergemacht. Habs noch gut in Erinnerung wie das damals war, ich selbst war um die 16 Jahre alt.
Schlechte Strassen, kaputte Autobahnen, riunöse Häuser....alles war abgewirtschaftet. Plumpsklo halbe Treppe tiefer, kein Bad in der Wohnung. In welchem Land der Welt muß man anmelden das man ein Auto kaufen möchte und muß dann über 10 Jahre darauf warten ? Auf Telefon konnte man warten bis man schwarz wurde. Und das sind alles nur die Spitzen des Eisbergs. Die unsägliche Umweltverschmutzung wurde auch schon angesprochen. Ganze Ortschaften wurden dem Erdboden gleichgemacht, Bewohner zwangsumgesiedelt. Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen was da für Ungerechtigkeiten stattgefunden haben. Wenn Erwachsene Menschen das System kritisierten wurden denen die Kinder weggenommen, die kamen in Heime - die Eltern in den Stasiknast. Politische Häftlinge....

In der Schule ein Tintenkiller aus dem Westen ? War verboten !
Unterhalb der achten Klasse war uns Schülern das Tragen einer Armbanduhr in der Schule verboten. Wie behämmert ist sowas bitte ?
Meine Schwester (vier Jahre älter) musste diesen ganzen Unsinn noch mitmachen in der zehnten -> vormilitärische Ausbildung, marschieren, Gleichschritt. Blieb mir durch die friedliche Revolution der Menschen und der damit verbunden politischen Änderungen im Alltagsleben glücklichweise erspart
.

Ich habe mich in Deutschland bis heute darueber gewundert, warum es offenbar bis heute Menschen gibt, die irgendwas an der DDR gut fanden. In Tschechien und der Slowakei ist jeder zu siemlich froh, dass es die CSSR nichtmehr gibt, niemand trauert diesem System irgendwie hinterher, und wer der CSSR hinterher trauert, war ein Nutzniesser, irgendein Bonze irgendwo im Parteiapparat oder geistig so verduemlicht, dass man sich jedem Unsinn bereitwillig unterordnet und jeden eigenen Willen vergisst. Gelaeufiges Schimpfwort in Tschechien oder der Slowakei von heute ist "Altkommunist". Die CSSR Staatssicherheit, die "StB" war in allen Ostblockstaaten nur einen Schritt hinter der Stasi, die gleichen Methoden, vielleicht nicht ganz die Haerte der Stasi, aber nur einen kleinen Schritt dahinter... Ich hatte die CSSR so kennengelernt, wie sie Felix II und Jens1978 auch ueber die DDR schilderten.

Zudem gehoere ich zu jenem Semester, die das Jahr 1968 und den Prager Fruehling aktiv mitbekommen haben. Da mussten Viele miterleben, wie Menschenrechte und Demokratie-Ansaetze mit den Fuessen getreten wurden und man auch sicherstellte, dass es die naechsten 21 Jahre in Folge auch so bleiben wird. Dies ging natuerlich mit dem fuer diktatorische Systeme quasi "obligatorischem" Koepferollen bzw. einer Art "Nacht der langen Messer" einher. Selbst das offene Sprechen, auch innerhalb der Familie, ueber den Prager Fruehling war nach der Unterdrueckung verboten und wurde von den Sicherheitsbehoerden verfolgt. Die Staatssicherheit der CSSR, die StB, fuhr sogar ein System, in welchem einzelne Familienmitglieder gegenehinander spionierten.

Schlimm und teilweise sogar gefaehrlich-verhetzend fand ich auch den Begriff "Ostalgie" wie es einige Privatsender in Deutschland mal brachten. Da liefen auf div. Privatsendern irgendwelche Ostalgie-Shows um Quoten zu machen. Als ob zum Thema "Ost" ein Wort wie "Nostalgie" geschaffen werden soll. Nostalgisch oder sonstwie romantisch war da an der DDR mit Sicherheit nichts. Oder auch ein "Ostel" als Hotel in Berlin, wo offen Bilder von DDR Leuten aufgehaengt werden. Mit der NS-Zeit geht man ja auch nicht so um? Hein "Nazi-tel" oder "Hitler-tel" findet man ja in Berlin auch nicht.
Felix II

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Felix II »

Chris wenn du '89 16 warst, ist alles was du ab dann erlebt hast nicht mehr wirklich DDR gewesen. Maximal dessen Nachwirkungen (Bausubstanz der Wohnungen zum Beispiel).
Jens1978

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Jens1978 »

Chris_BLN hat geschrieben: Ich überlasse als jemand, der bis zum Ende die DR mitgemacht hat, niemand anderem die Deutungshoheit.
Was ist das denn für eine Ausdrucksweise? "Deutungshoheit" ... ich glaub, ich spinne ... geht's noch? Wer bist du um dir eine alleinige "Deutungshoheit" zuzusprechen? Und vor allem: warst du am Ende ganz alleine in der DDR? Mir fällt da nur das Sprichwort ein "Getroffene Hunde bellen". [Sarkasmus an] Entschuldige, dass wir es uns erlaubt haben die von dir heiß und innig geliebte DDR schon ein paar Jahre vor dem Mauerfall verlassen zu haben und damit den Aufbau des Sozialismus massiv gefährdet und Personen wie dich in eurer komfortablen Situation haben sitzen lassen. Damit haben wir natürlich völlig außer Frage stehend sämtliche (Bewertungs-)Rechte hinsichtlich der Zustände abgegeben.[Sarkasmus aus] Durch solche Kommentare und Ansichten kann ich immer mehr verstehen, was meine Familie damals in "der Zone" aufgeregt hat und was sie erwogen hat zu gehen. Deutungshoheit ... ich fasse es immer noch nicht. Als wäre auch ein "bis zum Ende der DDR" erleben ein Umstand, der nur dich zu irgendwas berechtigt. Ja, über die Umstände des Mauerfalls in deiner Situation detaillierter zu sprechen vielleicht, aber über die Zustände in diesem System damals auf keinem Fall, die waren Anfang, Mitte und Ende der 80er gleich, eher Tendenz abwärtsgehend Richtung Ende 80er. Das sind genau die Sichtweisen und auch Art und Weise des Umgangs und vor allem des sprachlichen Ausdrucks der damals anscheinend üblich war. Nur Leute die linientreu waren, hatten tatsächlich Vorteile; wenn man es nicht 100% war oder vorgab zu sein, war es eben nicht so. Sowas abzustreiten, ist in meinen Augen aberwitzig, denn das Volk hat eine Revolution durchgeführt. Es fing schon nach 1945 mit der Bodenreform an. Auch danach zählte vor allem das politisch (korrekte) Engagement. Das hat selbst Gysi in einer 1-stündigen Talksendung im DLF (Sonntagsspaziergang) mal gesagt: Er hatte durch seine Familie, die im Antifaschismus aktiv war, Vorteile gegenüber anderen in seiner Schulzeit, die anderen waren aber die Mehrheit. [Sarkasmus an] Aber das stimmt alles bestimmt nicht, was er da gesagt hat, ist auch schon zu lange her und vermutlich waren sowieso später alle durch Westfernsehen völlig ge- und verblendet. [Sarkasmus aus]
Die "Elite" hat sich ausgeruht und immer wieder ihre "Deutungshoheit" durch Gefängnisstrafen gegenüber Andersdenken versucht durchzusetzen.
Chris_BLN hat geschrieben: Dazu hätte ich auch gerne mal eine verlässliche Zahl.
Die 5-10% hast du selbst erwähnt ...
Chris_BLN hat geschrieben: - also ein bunter Mix völlig "normaler" Leute. Wer das nicht wahrhaben will, will die Realität nicht anerkennen.
Aha, jeder konnte natürlich Abitur machen, jeder konnte natürlich studieren, jeder konnte auch mal einen Austausch an eine Uni z.B. nach Moskau usw. machen usw. Klar, war alles möglich ... Jeder konnte frei seine Meinung sagen und sich frei bewegen. Deswegen sind auch so viel "abgehauen", weil die DDR das Land der unbegrenzten Möglichkeiten war ... Wahnsinn, irgendwo muss gerade in Deutschland Hochsommer sein ... Und übrigens: Normale Leute sind bei mir Personen, die eben nicht andauernd 100% auf Linie getrimmt sind/waren, die auch mal offen sagen, was nicht funktioniert und nicht dauern sich gängeln lassen und sich wegducken. Die ganzen IMs damals, waren das etwa alles Professoren? Wieviele waren das nochmal in etwa? Das waren auch Baggerfahrer oder Kassierer oder eben auch Professoren. Linienkonform konnte man in jeder sozialen Schicht sein. Wenn man es war, hatte man Vorteile. Kannst du gerne bestreiten oder deuten wie du willst, ich lasse mir jedenfalls nicht einen Bären aufbinden; bloß gut das die Zeiten dieses Systems zu Ende sind. Und auch wenn es immer wieder mit heute verglichen wird. Heute ist nicht alles gut, dass sage ich auch nicht. Aber das ist noch lange kein Grund, die Vergangenheit in den Himmel zu loben und sich alles schön zu reden. Wenn wir immer noch auf diesem Stand sind, kommen wir nie weiter. Die heutigen "Eliten" freut es.
Chris_BLN hat geschrieben:Wir haben damals mehrere hervorragende Fach- und Führungskräfte verloren, weil sich niemand, der gewohnt ist, mehrstellige Millionenbudgets zu verantworten und dutzende bis im vorherigen Job hunderte Mitarbeiter zu führen, dauerhaft mit solchen Zuständen abfindet und seine Familie nur am Wochenende sieht. Die besten Leute sind nach kürzester Zeit wieder gegangen.
Logisch. Aber wo sind sie denn hingegangen? Anscheinend dahin, wo es besser war. Das impliziert natürlich, dass es ein "wo anders besser" gibt. Und genau das gab es in der ganzen DDR eben nirgendwo, deswegen sind die Leute eben gleich vollständig aus dem Land abgehauen. Deine Beschreibung des heutigen bei dir vorherrschenden Zustands unterstreicht nur die damilige Situation vieler, die aus der DDR abgehauen sind.
Chris_BLN hat geschrieben: Sorry, aber die Märchen, die Du Dir da zurechtgelegt hast, entbehren beweisbar jeder Grundlage.
Dann beweise mal.
Jens1978

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Jens1978 »

mittendrin hat geschrieben: Interessantes dazu auch noch hier:
http://www.scheida.at/scheida/Televisio ... 0der%20DDR:
Ende 1950/1960 - Um dem "Klassenfeind" in der BRD dennoch nun auch noch den (Ton-)Empfang der DDR Programme zu ermöglichen, wurden in den späten 1950er Jahren bis Anfang der 1960er Jahre die Sender von der OIRT Norm auf CCIR umgestellt.
Welcher Größenwahn!
Ich kannte als Fernsehender seit Anfang 1960 nur die CCIR-Kanäle [size=x-large]10[/size] und 6 oder 9.
Ah sehr interessant. Also war es genau andersrum ... es sollte genau das "dem Westen" zufügen, was der DDR selbst später widerfahren ist. Witzig, könnte man das Boomerang-Effekt nennen?
Chief Wiggum

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chief Wiggum »

Ok, mein erster Hinweis scheint ja untergegangen zu sein. Bevor es noch ausufert - letzte Warnung - OffTopic Beiträge werden ab sofort entfernt, bzw. der OT Anteil gelöscht.

Wenn ihr über die Lebensumstände dies und jenseits der Mauer berichten und diskutieren wollt, macht das bitte im OT Forum. Danke.
Cha

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Cha »

Chris_BLN hat geschrieben: Dazu hätte ich auch gerne mal eine Antwort. Ich kanns mir nur so vorstellen: sowohl UKW als auch TV starteten ja lange vor dem Mauerbau. Es gab eine Zeit, in der man sich in der DDR noch ein wiedervereinigtes Deutschland wünschte, natürlich eines nach Vorbild der DDR. Möglicherweise hatte es damit zu tun - und das einzige, was man später noch inkompatibel machen konnte, war die Farbnorm.
Der Name "Deutscher Fernsehfunk" war ja nicht umsonst gewählt. 1972 wurde es dann noch zum "Fernsehen der DDR" umbenannt. Man hatte wohl eingesehen, dass man die BRD auch mit grenznahen Anlagen nicht mal ansatzweise vollständig versorgen kann.
mittendrin

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von mittendrin »

Noch ein Tipp:
Geht doch mal wieder ins Kino:
https://www.kino.de/film/das-schweigend ... mmer-2018/
Das war die DDR für viele aus meiner Generation - ab August 1961 konnte nur noch die "innere Emigration" folgen.
Man fühlte mit "Frau Karin Sommer" , kannte den "Tchibo-Kaffee-Experten", den Omo-Reporter und Persilmann und träumte vom Fuß der blauen Berge, dem 77 Sunset Strip und sich mit den Beach Boys an den Strand zu den California Girls.
Die damaligen Erwachsenen (und Bestimmer) kannten noch ein gemeinsames Deutschland und waren nun über den Rest dieses Landes verteilt, wenn sie aus einem Dorf jenseits der Neiße kamen.
Sie hatten gute Kontakte und noch regen Austausch miteinander. Sogar normale Gespräche mit wildfremden Leuten an den Parkplätzen an der heutigen A9 waren üblich, es gab noch keine Ossis und Wessis. Das gemeinsam schlimme Erlebte war gerade 15-20 Jahre her. (Rechnet solche Zeitdifferenz heute mal zurück)
Was sich für den einzelnen danach hier oder da daraus entwickelt hatte, war sehr gut vergleichbar - und wieder waren wir im neuen Schuljahr einige Freunde weniger.

Edit: Okay, gerade erst gesehen, war das letzte Mal:
Chief Wiggum hat geschrieben:...macht das bitte im OT Forum...
Dann gehts also irgendwo zwischen
*RÜLPS* Was esst/trinkt ihr gerade? und [Scheisse] Das Scheissthema! weiter?
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